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Symptome für Glutensensitivität werden von vielen nicht erkannt

Einem Großteil der Deutschen ist immer noch unbekannt, dass Symptome wie Bauchschmerzen oder Übelkeit unter anderem auch auf Gluten Sensitivity hinweisen können. Das hat jetzt eine repräsentative Studie unter 1.000 Befragten des Nürnberger Marktforschungsunternehmens GfK im Auftrag der Unternehmensgruppe Dr. Schär herausgefunden. Demnach wird Gluten vom Großteil der Befragten noch nicht für Symptome wie beispielsweise Blähungen, Müdigkeit, Durchfall, Bauch-, Kopf- oder Gliederschmerzen in Betracht gezogen. Lediglich rund 8% gaben an, diese Beschwerden auch mit einer Unverträglichkeit gegenüber Gluten in Zusammenhang zu bringen.

 

Immer mehr Leute klagen über Beschwerden nach dem Genuss von Brot, Nudeln, Pizza und anderen getreidehaltigen Lebensmitteln. Dass sie eine mögliche Unverträglichkeit gegenüber Gluten haben könnten – einem Kleber-Eiweiß, das vor allem in Getreiden steckt – vermuten sie dabei nicht. Eher bringen sie die Symptome mit anderen Krankheiten in Verbindung, denken aber nicht an Gluten. Die meisten der Befragten konsultierten bei Problemen mit dem Magen oder der Verdauung ihren Hausarzt, die zweithäufigste Anlaufstelle ist die Apotheke und nur in 15% der Fälle wird ein Facharzt aufgesucht, wobei er die Symptome eigentlich am besten beurteilen könnte. Um eine Glutensensitivität zu diagnostizieren müssen zuerst eine Zöliakie und eine Weizenallergie von einem Arzt ausgeschlossen werden. Experten schätzen, dass 5 bis 7% der Bevölkerung betroffen sind. Allerdings gaben in der Studie lediglich 3% der Befragten an, ihre Arzt oder Heilpraktiker bei Beschwerden gezielt auf Glutenunverträglichkeit angesprochen zu haben.

 

Die Studie ergab auch, dass insgesamt 43% aller Befragten schon einmal eine der folgenden Bezeichnungen gehört haben: Gluten, Zöliakie, Glutenunverträglichkeit, Glutensensitivität. Am bekanntesten sind diesen Befragten die Bezeichnungen Gluten (75%) und Glutenunverträglichkeit (71%). 59% der Befragten, die bereits von Gluten(-unverträglichkeit) gehört haben, verstehen darunter ein Eiweiß im Getreide wie Weizen und Roggen. Lediglich knapp 16% wissen nicht, was sie sich unter Glutenunverträglichkeit vorstellen sollen. Kenntnisse über Glutenunverträglichkeit haben diese Befragten hauptsächlich durch Freunde und Verwandte, Zeitungen oder Magazine sowie dem Fernsehen. Das macht deutlich, dass das Thema Glutenunverträglichkeit in unserer Gesellschaft immer wichtiger wird und sich immer mehr Menschen damit auseinandersetzen.

 

Um aufzuklären und das Thema Glutensensitivität bekannter zu machen, fand auf Einladung des Dr. Schär Institutes im Dezember 2012 bereits die zweite internationale Experten-Konferenz in München statt (2011 gab es bereits ein Meeting in London). Rund 30 führende Wissenschaftler und Mediziner aus den USA, England, Italien, Deutschland, Frankreich, Spanien, Österreich, Argentinien, Slowenien und den Niederlanden widmeten sich ein Wochenende lang der Frage, welche neuen Erkenntnisse es im Bereich der Glutensensitivität gibt. „Bei Glutensensitivität stehen wir am gleichen Scheideweg wie für Zöliakie vor 30 Jahren.“ Für Alessio Fasano, Professor für Pädiatrie, Medizin und Physiologie (Baltimore, ML, USA) steht außer Frage, dass „wir gerade erst anfangen zu verstehen, wie Glutensensitivität bestimmte Menschen beeinträchtigt und welche physiologischen Mechanismen dahinterstecken.“ Fasano, der dem wissenschaftlichen Komitee des Dr. Schär Institutes angehört, ist einer der bekanntesten Experten seines Gebietes. Eine spezifische Diagnostik zur Identifizierung von Glutensensitivität gibt es, laut Fasano, bislang nicht, denn das Gebiet ist „sehr viel komplexer, als wir vermutet haben“. Eine Herausforderung, die Wissenschaftler weiter forschen lässt.

 

„Bis vor zwei Jahren gehörte ich zu den Personen, die nicht an Glutensensitivität glaubten“, erklärt Prof. Dr. med. Wolfgang Holtmeier, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie, Diabetologie und Innere Medizin am Krankenhaus Porz am Rhein, Köln. „Heute gibt es gute und auch reproduzierbare Belege, dass es eine Gluten Sensitivity gibt, aber es fehlen noch die richtigen Marker. Daher bleibt es momentan dabei, dass der Arzt erst verschiedene Krankheiten ausschließen muss, bis er die Diagnose einer GS geben kann“, so Holtmeier. Die gute Nachricht für Betroffene: „Die Glutensensitivität scheint zwar häufiger aufzutreten, hinterlässt aber, soweit wir momentan wissen, keine Folgeschäden. Es handelt sich um eine Befindlichkeitsstörung mit Symptomen, die nach ein paar Tagen unter einer glutenfreien Ernährung wieder verschwinden. Betroffene haben eine normale Lebenserwartung.“ Dies kann Patientin Dagmar Gaebler aus Berlin bestätigen: „Fünf Jahre lang bin ich zum Arzt gegangen und habe mit Durchfällen und Bauchschmerzen gekämpft. Ich kenne mittlerweile jede Toilette in Berlin, Waldspaziergänge oder Theaterbesuche waren tabu – das waren beträchtliche Einbußen der Lebensqualität, bis ich über das angenommene Reizdarmsyndrom die Diagnose Gluten Sensitivity erhalten habe.“ Drei Tage nachdem sie mit der glutenfreien Ernährung begonnen hatte, ließen Diarrhoe und Bauchschmerzen nach. Dr. med. Michael Schumann, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Klinik für Gastroenterologie, Rheumatologie und Infektiologie am Campus Benjamin Franklin der Charité, Berlin, weiß: „Ein Zöliakiepatient hat teilweise mehrere Monate nach Einführung der Diät mit den Beschwerden zu kämpfen, bis eine Besserung der Symptome und des Gesundheitszustandes eintritt.“

25 Feb